Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels
Kernkompetenz ausspielen
Die 545 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH) meldeten in einer internen Konjunkturumfrage für das Jahr 2015 einen um 1,5 Prozent erhöhten Umsatz von 20,78 Mrd. Euro (Vorjahr 20,48 Mrd.) und erwirtschafteten damit 80 Prozent des Gesamtumsatzes der rund 2.800 Betriebe zählenden Branche. Die Gewinne sind dagegen um durchschnittlich 1,8 Prozent gesunken. Die Erwartungen für das 2016 sind ebenfalls getrübt.

VendingSpiegel, 15.07.2016 ‑ Die Erwartungen der Mitglieder für das Jahr 2016 werden beispielsweise durch die anhaltend hohen Promotionsanteile der nationalen Biermarken (76,3 Prozent in 2015 und aktuell auch mit wieder steigendem Anteil unter 10 Euro/ Kasten) getrübt. Auch die zunehmenden Discounter-Listungen von Bier- und Mineralwassermarken sowie der seit nunmehr bereits 13 Jahren bestehende Dauerdumpingpreis von 19 Cent pro 1,5-Liter-Pet-EW-Flasche Mineralwasser, trüben die Erwartungen.

 

Die bislang aufgrund des Wetters ins Wasser gefallene Biergarten- und Festveranstaltungssaison sowie die steigenden Kostenbelastungen durch Maut und Mindestlohngesetz stimmen ebenfalls nicht optimistisch. Nur noch circa 25 Prozent der GFGH-Betriebe und Getränkefachmärkte rechnen vor diesem Hintergrund im ersten Halbjahr 2016 mit einem Zuwachs bei Umsatz und Gewinn.

Als drei wesentliche Herausforderungen sieht der Bundesverband für seine Mitgliedsunternehmen die Gewinnung qualifizierter und motivierter Beschäftigter (von Auslieferungsfahrern bis Verkaufspersonal), den Nachholbedarf bei der Online-Strategie und die weitere Spezialisierung beim Sortiment und die Ausweitung beim Dienstleistungsspektrum.

„Die Anzahl der Einkaufsfahrten und das Online-Verhalten der Konsumenten verändern sich“, sagt Guder. „Auch ältere Menschen wissen mittlerweile routiniert das Internet zu nutzen.“ Das Vorurteil, online könne kein Kasten Bier bewegt werden, gehe an der Herausforderung vorbei, im Internet Angebote, Sortiment und Fachkompetenz- beispielsweise der Getränkefachmärkte - im sich verschärfenden LEH- und Discounter-Wettbewerb zu präsentieren.

Peter Sagasser, Beiratsvorsitzender des Bundesverbandes und Gesellschafter eines der größten deutschen GFGH- und GFM-Unternehmen, pflichtet seinem Vorstand bei und mahnt, dass sich die Unternehmen weiter spezialisieren müssten. „Vor 20 Jahren haben wir alles gemacht, vom Heimdienst über Automaten über ein bisschen Getränkeabholmarkt und ein bisschen Gastronomie“, erinnert er. „Diese Von-allem-ein-Bisschen-Zeit ist längst vorbei, und wir müssen uns heute spezialisieren.“

Die Anforderungen an die großen, den LEH bedienenden Streckenlogistiker der Mitgliedsunternehmen, an die Betreiber filialisierter Getränkefachmärkte oder die GFGH-Partner der Hotellerie, Gastronomie und Festveranstalter, seien inzwischen in höchstem Maße diffizil und sowohl technisch als auch kaufmännisch anspruchsvoll. Entscheidend sei, sich in den Bereichen, in denen man schon Spezialist sei, noch mehr zu spezialisieren und die Kernkompetenz wirklich auszuspielen.

Zur Kernkompetenz der Getränkefachmärkte gehört eine Sortimentsbreite und -tiefe sowie qualifizierte Beratung, die sich bei den erfolgreichen, zumeist filialisierten GFM gegenüber dem aggressiven LEH und Discounter zunehmend auszahlt. Das beweisen immer wieder die ausgezeichneten Betriebe des vom Bundesverband gemeinsam mit Fachzeitschriften jährlich ausgerichteten Wettbewerbs „Deutschlands beste Getränkehändler“.

„Der Trend zu regionalen Marken und sogenannten Craft-Bieren spiegelt sich in dem sorgfältig gepflegten Angebot der Getränkefachmärkte wider“, betont Guder die Möglichkeiten, wie den inzwischen gut aufgestellten, teils privatisierten LEH-Getränkemärkten, Paroli geboten werden kann.

Die Zusammenarbeit zwischen den Getränkeherstellern und dem GFGH bleibt für den Bundesverband ein ständiges Arbeitsfeld, der wesentliche Grundsätze bereits vor 17 Jahren erstmals in einem Memorandum festschrieb. „Von den Wartezeiten auf den Herstellerhöfen über die sortenreine Flaschensortierung in Kästen bis zu Modalitäten der Fass- und Palettenbepfandung beschreibt das Grundsatzpapier Eckpunkte für die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Herstellern, an denen sich unsere Mitglieder orientieren können“, erklärt Guder das Papier, das im April 2016 bereits zum dritten Mal aktualisiert wurde.

Pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft wurde – ähnlich wie zur Weltmeisterschaft 2014 – die Leergutsituation bei einigen Herstellern problematisch, die „schon vorab verkündeten, nur noch Getränke gegen entsprechendes Leergut auszugeben“, berichtet der Bundesverband. „Vielleicht sollten diese Hersteller ihr Leergutmanagement überprüfen“, rät Günther Guder und hegt den Verdacht, dass einige EM-Aktionen in anderen Vertriebswegen Schuld an der Gebindeknappheit seien, die einfach auf den GFGH abgewälzt werde und dort Zusatzkosten verursache. Dauerthema sind auch die Regelungen des Berufskraftfahrer- Qualifikationsgesetzes (BKrFQG), die nach wie vor erhebliche, kostenträchtige Schulungsverpflichtungen vorsehen. Laut aktueller Umfrage zahlt jeder Mitgliedsbetrieb durchschnittlich knapp 650 Euro pro Jahr und Fahrer für deren vorgeschriebenes Training. Hinzu kommen die Kosten der Abwesenheit der Fahrer im Betrieb.

Der finanzielle Druck auf die wirtschaftliche Situation der Mitgliedsunternehmen werde sicher auch nicht nachlassen, wenn die für Mitte 2018 angekündigte Ausweitung der Maut auf weitere rund 38.000 km Bundesstraßen exekutiert werde. Solche Kostenbelastungen an die Partner in Handel und Gastronomie oder die Konsumenten in den GFM weiterzugeben, sei nach allen bisherigen Erfahrungen zwar sehr schwierig, sollte aber erwogen werden, da ansonsten die Ertragskraft weiter leide, fürchtet der Bundesverband.

Drucken